Montag, 19. Februar 2007

sitting in the shade

Ein alter Mann ersucht seinen Gärtner, einen Eichenbaum in der Nähe seines Hauses zu pflanzen. Der Gärtner entgegnet ihm, dass es hundert Jahre dauert, bevor jemand unter seinem Schatten sitzen kann. „In diesem Falle“, antwortet der alte Mann, „darf keine Zeit verloren gehen. Pflanze ihn noch heute Nachmittag“
(Lieblingsgeschichte von J.F.Kennedy)

Mittwoch, 7. Februar 2007

was andere über's sitzen zu sagen haben ...

"My milking stool which I brought back as artefact from Normandy is also my Chair of Sozial Anthropology, not my armchair."

Judith Okely 2001: Visualism and Landscape: Looking and Seeing in Normandy. Ethnos; Vol. 66:1

Dienstag, 6. Februar 2007

Was Sie schon immer über das Sitzen wissen wollten...

"Dr. Stuhler´s Merksetze"

Im Zug der Anmeldeschwiegkeiten und den damit einhergehenden Lösungsversuchen habe ich ein ganz besonderes Verhältnis zu meinem Hinternhalter bekommen. Aus diesem im laufe der Zeit doch recht innigen Verhältnis – immerhin war und bin ich doch permanent auf Tuchfühlung mit ihm – und dann noch mit einem Körperteil an den ich nicht jeden so einfach ranlasse – also aus diesem innigen Verhältnis habe ich ein paar Geheimnisse erfahren dürfen, die ich Ihnen, werte Leser und Leserinnen, werte Sitzer und Sitzerinnen, nicht vorenthalten möchte.

Eines war, und ist es im Grunde nach wie vor, das Rätsel der Herkunft des Wortes. Der Abstämmigkeit. „Sessel“. Ein Wort an dem mindestens zwei Bemerkenswertigkeiten zu merken sind. (Man merke, man kann sich merklich schnell merken merken) Das eine sind die vier buchstaben zwischen „S“ und „l“: „esse“ aus dem lateinischen und heisst soviel wie „Sein“. Auch im „Essen“ finden wir, werte Stuhler und Stuhlinnen, das sein – was hier auch recht gut nachvollziehbar ist. Ohne Essen kein bis wenig sein – so die allgemeine Lehrmeinung. Hat aber nun der Sessel mehr mit dem Sein zu tun, oder kann man davon ausgehen, dass man schon in frühesten Zeiten beim Essen gesessen ist und sich dadurch eine Ableitung entwickelt hat? Dafür müsst man in einer anderen Zeit sein und dort essen und sitzen. Oder umgekehrt. Für sachdienliche Hinweise kontaktieren Sie, werte Gläubige und Gläubigerinnen, Ihren Nächsten neben Ihnen.

Die zweite merklich interessantere Tatsache ist, dass der Buchstabe „s“ bemerkenswert häufig in sehr vielen Sitzgelegenheiten vorkommt. Zur Überprüfung ersuche ich Sie, werte Sesselsitzer und Sesselsitzerinnen, die weiter unten angeführte Liste aufmerksam zu lesen. Im einfachen Sprachgebrauch wird der Schlage dieses Lautverhalten nachgesagt. Aber genau dieses Tier hat vor langer Zeit uns Menschen doch eine gehörige Suppe eingebrockt. Mit ihren zischenden Lauten hat sie die Eva dazu verführt von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böses (dieses wichtige Detail wird merkwürdigerweise gerne verschwiegen) eine Frucht zu essen und dann auch noch ihrem Kameraden davon zu geben. Ist denn dann nicht eigentlich der Laut „S“ ein höchst Unglück bringender?
Oder haben Adam und Eva auch damals schon gelernt sich beim Essen hinzusetzen? Warum hießen die beiden nicht Sepp und Silvia?
Merkwürdig ….



Wegen Loginschwierigkeiten In Vertretung für Stuhler gepostet.

Montag, 5. Februar 2007

I was forced to sit...

Anm.: Da wir leider Probleme mit dem Login haben poste ich das folgende Sessay von Chairity in Vertretung. Alle Lorbeeren für diesen profunden Beitrag also bitte an sie.


Betroffenenbericht vom 31.1. 2007 (by Chairity)



Am Abend des Mittwoch des 31.1 so etwa gegen 22:30 betrat ich mit ein paar Freunden ein Pub im ersten Bezirk, nahe der Börse. Wir tranken und sprachen und ich zog mir die Schuhe aus. Wir redeten über Gott und die Welt, die eigenartigen Gestalten an der Bar und vieles mehr. Die Couch war genial. Ich mochte diese immer schon, sie war groß und man konnte seine Beine ausstrecken.

Um etwa 0:30, nach dem 2ten Bier, tupfte mich jemand von hinten an. Ich drehte mich um und sah in das Gesicht eines schon etwas in die Jahre gekommenen schwarzen Mannes: „Put you foot down!“, fuhr er mich unhöflich an. Ungläubig antwortete ich: „Pardon?“ – „Put your foot down!“, schnauzte er mich abermals an. „Do you work here?”, entgegnete ich ihm. “Put your foot on the ground, you cant lie like this, you not at home.” Ich schüttelte noch immer ungläubig den Kopf. Er schnaufte und ging. Ich sah ihn mit einem Kellner reden, der sofort auf mich zugestapft kam und meine Position begutachtete. Ich hob meine Füße um ihm zu zeigen dass ich eh keine Schuhe trug. „Du kannst so nicht sitzen?“ – „Warum?“ – „Nein das geht nicht. Tut mir leid“ (Wer zum Teufel mag dieser alte Mann sein, dass er bestimmen darf wie man sitzt und wie nicht???) „Wie bitte??“ ich konnte es immer noch nicht glauben, wie oft war ich schon dagewesen und war genauso da gelegen.?! Und niemand hatte meine Position beanstandet...so fragte ich den Kellner: „Habt ihr seit neuestem eine Sitzordnung?“ Etwas unsicher ob meine Frage ernst gemeint war, bzw. ob er mich richtig verstanden hatte, antwortete er sehr zögernd mit einem unsicheren „Ja.“
So nun hätte ich danach fragen können, bzw. mir den Chef herkommen lassen, nur war es mir die Mühe nicht wert, bzw. wollte ich auch nicht des Lokals verwiesen werden. Mittlerweile denke ich mir, wäre ich bloß härter gewesen...
Ich ordnete mich also unter...

Als ich zur Toilette ging, musste ich an besagten ominösen Herren vorbei. „Hey you..where are you from?“ – „Vienna“ – “Why dont you put your foot down, when i tell you.” – “Because I don’t like people telling me what to do, especially in such a way, you did. If you have been a little bit more polite, and explained yourself I maybe would have done so.” Wieder aufgebracht erklärte er mir: “You don’t live here, you are not at home, do you do this at home? If you where in my home you would first have to wash you foot” and so on and so on…wir redeten dann gleichzeitig er schob alles darauf, dass ich keinen Respekt vor ihm hatte, ich Christin sei und deswegen auch nichts verstand. Und ich redete dagegen, dass wir eben unterschiedlicher Ansichten wären, ganz easy. Sein Freund, etwas jüngeres Baujahr grinste nur die ganze Zeit. Schließlich endete die Diskussion mit: „It makes no sense talking to you, you are too young.“ – „Well then, i dont want to talk to you either, we want the same, we dont have to talk with each other“…wieder ansetzend mir irgendetwas vorzuhalten, beendete ich die Unterhaltung mit: “I got to pee. Bye.”

Samstag, 3. Februar 2007

Sensibilisierung für ´s Sitzen

Die Wahrnehmung auf irgendetwas zu fixieren- und zwar ganz egal auf was- verändert das Bewußtsein. So geschehen bei einem Spaziergang durch die Wiener Innenstadt vor ein paar Tagen. (Ja, auch Armchair Anthropologen gehen ab und zu raus). Unwillkürlich wandert mein Auge anders als früher über sitzende Menschen, Bänke und Stühle. Zum Beispiel in den öffentlichen Verkehrsmitteln: Wenn man selbst stehen muss während andere sitzen dürfen, kommt es mitunter zu etwas, dass wir vielleicht als Platzneid bezeichnen können. Und auch hier werden wir natürlich wieder an die Gebote der Höflichkeit und auch der Hierarchie erinnert, die dem Sitzen ganz selbstverständlich zugeschrieben sind.

(Foto by Platzhirsch)

Bestimmten Menschengruppen gilt es laut dieser symbolischen Anweisung den Sitzplatz zu überlassen. Ebendiesen gegenüber würde ja auch kaum jemand Platzneid empfinden. Es bleibt jedenfalls dem in der überfüllten Straßenbahn sitzenden Individuum überlassen, zu entscheiden ob Menschen, die sich symbolisch nicht so einfach darstellen lassen (wie zum Beispiel ein eben entlassener Schubhäftling kurz nach dem Hungerstreik, ein nach Fusel stinkender Karlsplatzbewohner, oder etwa ein Klimaflüchtling) einen Sitzplatz verdienen. Dafür müssten auch erst eigene Sticker und Symbole entworfen werden (Wie wärs, Platzhalter?). Diese Randgruppen sitzen aber sowieso eher woanders als in den Wiener-Vekehrsmitteln, nämlich im Knast oder in Wartesälen, in Auffanglagern, Ruderbooten oder einfach auf der Straße.

(Foto made by Platzhirsch, paid by Stuhler)

Ein ganz anderer emotionaler Aspekt, der weniger mitleiderregend ist, ist die sitz-anthropologische Schadenfreude (Etwa im Falle von Furzkissen oder anderen Fettnäpfchen, in die man sich setzen kann). Obwohl Armchair-Anthropologen zutiefst moralische Wesen sind, gibt es womöglich doch eine hohe Dunkelziffer an Mitgliedern, die Bananenschalenausrutscher insgeheim lustig finden). Auch hier kommt die Hierarchie ins Spiel. Der durch ein spontanes Ungleichgewicht ausgelöste Ausrutscher und das folgende durch die Schwerkraft erzwungene Sitzen wird von Beobachtern besonders genussvoll wahrgenommen, wenn es sich z.B um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens handelt. Diese wird dabei buchstäblich erniedrigt.

Man kann allerdings auch mit dem einfachen Fußvolk Spaß am Sitzen haben- und zwar fast ohne Schadenfreude und ganz ohne Platzneid. Es ist erstaunlich, wie viele Fotos wir in wenigen Minuten am Rathausplatz von am Eis sitzenden, mitunter überaus fröhlichen Menschen geknipst haben. Nota Bene: Nachdem hier keine Sessel zum Einsatz kommen gilt die Definition von Platzhalter über das Sitzen hier nur sehr bedingt.


Foto by Platzhirsch: "Wiener Eistraum"